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Urheberrecht
in der Transzendenz




Offener Brief vom 24. Juni 1994
von
Swami B. A. Paramadvaiti




Liebe Vaishnavas

Bitte nehmt meine demütigen Ehrerbietungen entgegen.

Druckt diesen Brief bitte in Euren Veröffentlichungen ab oder setzt die Gottgeweihten in Kenntnis, von denen Ihr denkt, dass sie daran interessiert sind, eine Erörtung zu diesem Thema zu beginnen.

Dieser Brief ist ein Versuch, einige Hinweise darauf zu geben, wie die Vaishnava Siddhanta die Urheberrechte in Bezug zur transzendentalen Literatur sieht.

"Urheberrecht" bedeutet, dass jemand den Anspruch erhebt, die Rechte eines bestimmten schöpferischen Beitrages zu besitzen, was an sich mit dem Wesen eines göttlichen Herabkommens des Wissens in diese Welt unvereinbar ist. Der geistige Meister ist das transparente Medium Gottes, der Seine Unterweisungen der Welt überbringt.

Als mein geistiger Meister, Srila A.C. Bhaktivedanta Prabhupada, einmal gerade das Krishna-Buch las, fragte ihn sein Sekretär, weshalb er denn seine eigenen Bücher lese. Srila Bhaktivedanta Prabhupada antwortete: "Das sind nicht meine Bücher. Sie wurden mir diktiert."

Ein Schüler erhält den Mantra und die Unterweisungen von seinem Guru. Er verspricht, den Lehren seines Gurus treu zu bleiben. Es wird keine andere förmliche Bedingung gestellt, um als Schüler angenommen zu werden. Dies zeigt deutlich, dass jeder Schüler das Recht und die Pflicht hat, die Lehren seines Gurus auf die Weise zu verbreiten, die er als die bestgeeignete betrachtet. Der einzige wahre Besitzer aller Rechte ist der Höchste Herr Sri Krishna Selbst. Doch sogar Er erlaubt es, dass Seine Bhagavad-Gita von vielen verschiedenen Personen veröffentlicht wird, obgleich letztlich nur die wahren Gottgeweihten die Segnungen der Bhakti erhalten, wenn sie die Bhagavad-Gita drucken. Einzig Sri Krishna kann entscheiden, welcher Schüler wirklich befähigt ist, die reine Botschaft seines Gurus zu überbringen. Daher stimmen alle Bemühungen einer beliebigen Person oder Institution, die ausschliesslichen Rechte auf die Beiträge ihres Acaryas zu beanspruchen, nicht mit dem transzendentalen Gesetz überein.

Die Acaryas wünschen, dass ihre Unterweisungen durch ihre Schüler und andere aufrichtige Vaishnavas weitergegeben werden. Eine Person kann nur aufgrund ihrer eigenen Befähigung und nicht durch irgendeine Form von Ernennung als geeignet angesehen werden, ihren geistigen Meister in richtiger Weise zu vertreten. Es würde im Widerspruch zum Wesen unserer Siksa-Guru-Parampara und der Betonung der Vaisnava Acaryas stehen, wenn die Veröffentlichung der heiligen Schriften und ihre Verteilung durch eine Person oder Institution begrenzt werden könnten. Dies ist nicht richtig, denn alle Acaryas, wie Srila Bhaktivedanta Prabhupada, wünschten, dass ihre Bücher von jedem an jeden weitergegeben würden. Jede Entscheidung über Ansprüche auf Urheberrechte, die das Absinken der Anzahl an verteilten und veröffentlichten transzendentalen Büchern verursacht, kann nicht im Interesse der Guru Parampara sein.

Vergesst nicht, dass jede Vaisnava Mission ganz natürlich die Literatur, die sie druckt und verteilt, dazu benutzen möchte, ihre Sache durch die in den Büchern gedruckten Einladungen zu fördern.

Die Geschichte hat gezeigt, dass die Besitztümer der Missionen eines grossen Acaryas manchmal in den Händen weltlicher Personen gelandet sind, die sich über die heilige Bedeutung eines solchen Platzes nicht bewusst waren. Doch solche Personen haben nicht die Gelegenheit erhalten, den Monopolanspruch auf die Lehren und Schriften ihres Gurus und Gründer-Acaryas zu erheben. Das ist eine sehr wichtige Beobachtung. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass die Nachfolger von bestimmten Acaryas es verfehlten, seine Linie der reinen Hingabe weiterzuführen, und dass manchmal andere Schüler diejenigen waren, welche die Sampradaya tatsächlich weiterführten. Schlimm genug, dass aufgrund der Verfehlungen von einigen führenden Mitgliedern einer Vaisnava-Mission, ihre Besitztümer, welche der Guru begründet hat, zum Streitobjekt oder zum Objekt des Missbrauchs werden. Doch die Lehren eines jeden wahren Guru sind der Besitz all derer, welche den wahren Geist seiner Botschaft weitertragen. Da nicht zum voraus festgelegt werden kann, wer der wirklich befähigte Schüler ist, wird deutlich, dass alle das Recht haben, die Botschaft ihres Gurus zu predigen sowie seine Lehren zu veröffentlichen und zu verteilen.

Alle Ehre sei Sri Sri Guru und Gauranga
Euer Diener
Swami B.A. Paramadvaiti




VRINDA
VRINDAVAN INSTITUTE FOR VAISNAVA CULTURE AND STUDIES
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