Liebe Vaisnavas und liebe Freunde,
die ihr alle auf der Suche nach der Wahrheit seid! Bitte akzeptiert meine demütigen Ehrerbietungen.
Heute ist ein Tag wie jeder andere, und doch fühle ich plötzlich, dass ich euch diese Botschaft schuldig bin. Hier ist meine kleine Geschichte.
1) Materialistische Lebensstile werden, obwohl die Lehre solche Umstände verneint, mit der Ausrede von grosser Heiligkeit gerechtfertigt.
Durch Srila Prabhupadas Gnade entstehen viele neue Bücher, Tempel und Projekte: auch durch die aufopferungsvolle Arbeit lieber Vaisnavas, die ich von Herzen unterstützen möchte. Ich habe die Testamente von Srila Jiva Gosvami und meinen geistigen Meistern gelesen, und ich denke an diejenigen, die einmal selbst da stehen werden - vor dieser wichtigen Arbeit ohne die persönliche Erinnerung an Srila Prabhupada, wie liebevoll er all dies handhabte. Sri Krsna sei Dank, dass im aufrichtigen Bewusstsein niemand verloren geht und jedes Leid eine grosse Lehre bedeutet. Deshalb möchte ich all denen, die ganz auf sich allein gestellt sind, den Vaisnavas, die niemanden haben, den sie um Rat fragen könnten, meinen Rat hinterlassen, wie sie die Botschaft Sri Krsnas beschützen können. Wieviel Reife und Wissen brauchen wir dazu?!
A: Streitet nie über weltliche Güter oder Macht.
Vergesst nicht: Krsna und Guru sind niemals bankrott.
Bitte versucht die Bewegung des Krsna-Bewusstseins immer in euren Herzen und in eurem Handeln lebendig zu erhalten.
Nach 18 Jahren verzweifelter Suche, den Sinn meines Leben zu entdecken, traf ich durch grundlose Barmherzigkeit meinen geistigen Meister A. C. Bhaktivedanta Svami Prabhupada. Srila Prabhupada war ein reiner Geweihter Sri Krsnas (Gottes), und er gewann mein Herz schon in kürzester Zeit.
Seine liebevolle Fürsorge um seine Schüler war aussergewöhnlich, und selbst um das Wohlergehen aller anderen Geschöpfe war er stets bemüht. In kurzer Zeit entfaltete er ein transzendentales Netzwerk von Tempeln, spirituellen Farmgemeinschaften und Restaurants und gab über 80 verschiedene Bücher heraus. Im November 1977 kehrte Srila Prabhupada wieder zum transzendentalen Reich Sri Krsnas zurück. Sein beispielhaftes entsagtes Leben und seine Botschaft der reinen Liebe zum Höchsten Herrn, die alle Menschen glücklich und gottesbewusst machen kann, war sein Vermächtnis.
Er hinterliess ein Testament, wie wir - seine Schüler - weiter Krsna-Bewusstsein entwickeln konnten und auch praktische Hilfestellungen dazu geben sollten (z. B. Tempelorganisation, Umgang unter den Gottgeweihten usw.). Jedoch verfielen gerade grosse Führungspersönlichkeiten in der Bewegung dem Machtrausch, der Zweckentfremdung und dem Missbrauch zu ihrem eigenen persönlichen Vorteil. Mit der Hilfe Tausender Geweihter war diese weltweite Bewegung entstanden, die nun durch diese Machenschaften bedroht wurde. Warnungen und Protestrufe der Gottbrüder fanden keine Beachtung oder endeten sogar damit, dass diese aus den Tempeln hinausgeworfen wurden. Aber trotz all dieser Erscheinungen gibt es keinen Grund der Entmutigung. Denn hinter jedem Geschehnis verbirgt sich eine Lehre.
Die Situation verwirrte mich sehr, und ich war tief erschüttert. Doch es gab einen Ausweg: Bhakti Raksaka Sridhara Deva Gosvami Maharaja, ein Gottbruder von Srila Prabhupada, der von Srila Prabhupada persönlich als Ratgeber für seine Schüler ausgesucht worden war, weil er eine reine, selbstverwirklichte Seele ist, gab uns den Rat, den Fussspuren Srila Prabhupadas weiter zu folgen und weiter Krsna-Bewusstsein zu verbreiten, auch wenn die Gottbrüder, die sich Monopolrechte angemasst hatten, ihre Hilfe und Freundschaft verwehrten. Srila Sridhara Maharaja wurde mein Sannyasa-Guru, und durch seine Ermutigung fand ich meine ursprüngliche Begeisterung wieder und konnte wieder glücklich werden. Denn ohne klares Verständnis der Bhakti-Siddhanta kann man niemandem wirklich helfen und folglich auch nicht glücklich sein. Srila Sridhara Maharaja schenkte mir die Kraft und den Mut, auf eigenen Beinen zu stehen, für mich selbst alle Entscheidungen zu treffen und ohne mich einschüchtern oder entmündigen zu lassen, um den Segen der heiligen Vaisnavas zu flehen.
1988 verliess uns Srila Sridhara Maharaja und ging zurück zu Sri Krsna. Auch er hinterliess ein Vermächtnis und wiederum gab es einige Schüler, die es falsch auslegten, um ihre persönlichen Wünsche zufriedenzustellen und dadurch zur Störung für die Mission wurden. Wenn wir die Geschichte der Guru-parampara und der Religion im generellen betrachten, müssen wir traurigerweise feststellen, dass immer wieder die gleichen Symptome auftreten können. Es dreht sich dabei meistens nur um einige wenige (aber leider sind diese oft in Führungspositionen), die durch ihr Verhalten die Mission von ihrem ursprünglichen Charakter der freiwilligen Begeisterung in ein diktatorisches, blindes Hierarchie-System umwandeln. Dann werden zwar die Lehren der alten Meister noch vorgestellt, jedoch so entfremdet angewandt, dass die Menschen die reine, klare Essenz nicht mehr erkennen können, sondern sich in einem Geflecht der Äusserlichkeiten und Formverständnissen verfangen. Die häufigsten Symptome, die dabei immer auftreten und vor denen ich ausdrücklich warnen möchte, sind in den folgenden Punkten zusammengestellt:
2) Heilige Botschaften werden monopolisiert, falsch ausgelegt und oft der Lehre entgegengesetzt angewandt. Die Geschichte zeigt uns, dass viele Heilige Schriften oftmals versteckt oder verbrannt wurden. Die Kritiker dieser Handlungsweisen wurden verbannt, verfolgt oder sogar getötet.
3) Die Vertretung von Gott und Heiligkeit werden auf förmliche geburts- oder abstimmungsbedingte Umstände bzw. Organisationsformen begrenzt.
4) Liebe wird durch Furcht ersetzt und die Atmosphäre "niemand traut niemandem" macht sich breit.
5) Anstelle von Diskussionen und schöpferischem Austausch treten Monologe, die manchmal in Sprachen gehalten werden, die kaum einer versteht.
6) Rauschmittel, Geldgier, Lügen, Verschleierung und weltliche Sexualität sind regelmässige Begleiterscheinungen solcher Scheinheiligen. Kein religiöser Pfad ist immun gegen diese tödlichen Krankheiten, sobald ein führendes Mitglied unaufrichtig ist.
Die Suche nach Reinheit, Bescheidenheit, Demut und grosser Dienstbereitschaft muss jedoch eine undiskutierte Grundlage unserer Haltung sein.
Verurteilt niemals jemanden, weil er nicht in eurem Programm dienen möchte. Versucht statt dessen, ob ihr ihm nicht dienen könnt. Ärger und Zorn sind meistens nur das Resultat unserer frustrierten Lust.
Vergesst nie, dass der Guru nicht der Körper ist. Sri Krsna ist der ursprüngliche Meister. All Seine Vertreter (Gurus) sind immer bei denen, die aufrichtig ihren liebevollen Dienst ausführen wollen. Diesen ehrlichen Herzen wird durch eine neue Ermutigung des Guru-Tattvas immer wieder der Weg gezeigt.
Jeder Tempel hat schon rein organisatorisch verschiedene Strukturen, wie z. B. Präsident, Schatzmeister, wöchentliche Vaisnava-Foren usw., die sehr wichtig sind, und ich möchte folgende Punkte aufführen, die jedem Geweihten bekannt sein sollten, da sie uns viele Irrtümer und Zeit ersparen können:
B: Reine Prediger sind immer gesucht. Weltliche Herrscher sind von Heuchlern umgeben und werden von niemandem geliebt. Legt euch nicht mit weltlichen Machthabern an, denn sie können mit ihrer Propagandamaschine unseren guten Ruf verderben. Vaisnavas sollen alles legal machen, der Erfolg hängt so oder so von Sri Krsna ab, und wir wollen, dass die anderen Menschen Vertrauen zu den Vaisnavas entwickeln können.
C: Wenn wir die Bildgestalt als unseren wahren Herrn betrachten, macht es keinen Unterschied, wer der verantwortliche Vaisnava ist. Alle - vom jüngsten bis zum ältesten Vaisnava - sollen gemeinsam in einem Tempel zur Freude des Herrn tätig sein. Wenn das nicht so ist, muss jeder aufrichtige Vaisnava versuchen, die Situation zu verbessern, oder er muss einen neuen Tempel gründen, wo Sri Krsna wirklich verehrt wird. Da es an jeder Strassenecke einen Tempel geben sollte, gibt es nur mehr Segen, wenn ehrliche Vaisnavas neue Zentren eröffnen.
D: Geht euch niemals auf die Nerven oder setzt niemanden unter Druck.
E: Arbeitet einzig und allein mit solchen Vaisnavas zusammen, die euch inspirieren, die ihr für rein in ihrem Vorhaben anseht, zu denen ihr Liebe und Vertrauen spürt.
F: Seid immer bereit, alles bisher Gedachte und Gemachte in Frage zu stellen und mit Hilfe von Guru, Sadhu und Sastra jedem Dogma auf den Grund zu gehen.
G: Verkündet täglich neu den Ruhm der Absoluten Wahrheit.
H: Haftet nicht an Geld oder Gütern. Seid bereit, auch wieder von vorn anzufangen, wenn es nötig ist, um eurem Ideal zu folgen. Sri Krsna vermag uns die ganze Welt zu geben, wenn Er es möchte.
I: Es geht nicht um das formelle Befolgen von Regeln und Tempeldisziplin. Es geht darum, Liebe zu Gott zu entwickeln. Alles Hilfreiche soll akzeptiert werden, alles Störende sollten wir vermeiden.
K: Hört niemals auf zu predigen und täglich die Heiligen Namen zu preisen.
L: Lest jeden Tag in den Schriften, vorzugsweise mit anderen Geweihten zusammen.
M: Begeht nicht den Fehler, in der freiwilligen liebevollen Beziehung zwischen Vaisnavas, von anderen etwas zu erwarten, was sie nicht tun können oder wollen.
N: Die Geweihten in Führungsposition müssen sich immer über ihre sehr wichtige Position als Botschafter der liebevollen Hingabe bewusst sein und deshalb einen offenen Lebenswandel führen, der alle moralischen und finanziellen Zweifel beseitigt. Klare Buchführung beschützt jeden Tempel, jeder gibt das zu Sri Krsna, was er in seinem Herzen fühlt, aber alle Spenden müssen auch im liebevollen Dienst verwendet werden. Alle Grundstücke, die von Spenden gekauft sind, müssen so registriert sein, dass kein Privatmann sie verkaufen oder missbrauchen kann. Wenn der Gründer-Acarya stirbt, wird das Grundstück entweder von ihm persönlich einem seiner Schüler übergeben oder es bleibt ein Platz für alle Gottbrüder und deren Schüler, um sich zu treffen. Die Leitung des Tempels unterliegt einer Gruppe von Vaisnavas, die selber keine Schüler einweihen. Solch ein Tempel bleibt nur dann ein Pilgerort, solange der liebevolle Respekt für alle aufrichtigen Familienmitglieder lebendig ist. Niemand sollte jemals einen Tempel oder Asrama leiten, wenn er nicht selbstlos diesen Dienst zu Sri Krsnas Freude ausführen möchte.
O: Ob Brahmacari oder Grhastha, ob auf Sankirtana oder in der Küche, denkt an Sri Krsna und gebt einfach euer Bestes - keine halben Sachen. Das Leben ist zu kurz für Unsinn. Dann werdet ihr kaum Probleme haben.
P: Ein Brahmana oder Sannyasi zu werden, ist eine grosse Verantwortung. Beide sind geistige Meister in der materiellen Welt. Schüler zu akzeptieren, denen Sri Krsna im Herzen Vertrauen in deinen Dienst gegeben hat, ist eine heilige Pflicht und ein Recht in der Guru-Parampara nach dem Fortgehen unseres geistigen Meisters. Wir allein werden jedoch die Verantwortung dafür tragen. Es ist unser eigenes Risiko. Wenn wir nicht sicher sind, ob wir dadurch Sri Krsna und unseren Guru rein vertreten - und das für den Rest unseres Lebens - sollten wir unbedingt den neuen Anwärter zu einem vertrauenswürdigen Vaisnava weiterleiten.
Q: Lasst neue Gurus neue Tempel eröffnen und neue Anwärter zur Bhakti bringen. Niemand sollte sich mit den Lorbeeren der Dienste anderer schmücken.
R: Guru bedeutet: grösster Diener. Der Diener drängt niemandem seinen Dienst auf. Sri Krsna zeigt den Weg zum Guru, wieder und immer wieder. Glaubt nicht, dass ihr alle eure Gurus schon kennt, wenn ihr noch nicht bei Sri Krsnas Lotosfüssen angekommen seid und Prema-bhakti im Herzen verinnerlicht habt.
S: Lasst die von euren Gottbrüdern aufgebauten bestehenden Tempel, die heiligen Plätze aller Vaisnavas sein, die dort den Ruhm ihres Gurus preisen können, ohne dass ihnen etwas Neues aufgezwungen wird. Dort gibt es Klang und Austausch. Neue Geweihte werden dort heranreifen, und Sri Krsna wird ihnen schon den Weg zu ihrem Guru zeigen.
T: Besucht nicht die Tempel derjenigen, von deren Aufrichtigkeit ihr nicht überzeugt seid oder wo ihr die Gefühle der neuen Geweihten nicht gutheissen könnt und zu unterstützen bereit seid.
U: Achtet immer die Meinung anderer. Werdet kein Opfer des Grössenwahns (Megalomanie). Lasst anderen in Euren Projekten volle Meinungsfreiheit, Austauschmöglichkeiten und Platz für ihre Entwicklung. Vereinbart wöchentliche Treffen, um Ziele und Fortschritte ständig vor Lethargie oder Gleichgültigkeit zu beschützen.
V: Scheut nie davor zurück, Verantwortung zu übernehmen. Wirkliches Mitleid bedeutet, die Bereitschaft zu haben, unsere Privatzeit anderen im Dienste Sri Krsnas zur Verfügung zu stellen, um ihr Leid in Glück zu verwandeln.
W: Wir dienen all den
Fortgeschrittenen - mit voller Hingabe,
den uns Gleichgestellten - in aller Freundschaft und Liebe,
den Neulingen - mit Widmung und Beispiel,
den nicht Geweihten - mit Predigt vom Herzen.
Hast du Wissen und Weisheit - erleuchte die anderen,
hast du Macht und Kraft - beschütze die Schwachen und Hilflosen.
X: Vergesst nie, dass das Asramaleben von grosser Wichtigkeit ist und Sadhana-bhakti die Kraft gibt, um anderen zu helfen.
Y: Ohne Opfer gibt es nichts. Ohne Liebe und Vertrauen gibt es keine Opfer und Hingabe. Wenn mein Guru von der Welt weggeht, wird meine wichtigste Frage sein: "Wie kann ich ihm weiterdienen? Wie kann ich Opferbereitschaft und Hingabe zum geistigen Meister in den Herzen der anderen entfachen? Früher hab ich sie begeistert zu meinem Guru gebracht und ihnen gesagt: Hier könnt ihr euch beruhigt hingeben. Er wird euch mit in die transzendentale Welt nehmen. Wie kann ich jetzt weiter predigen?" Ohne eine Antwort auf diese Fragen zu kennen, steht unser eigenes spirituelles Leben auf dem Spiel. Ich kann nur weitergeben, was ich von Herzen vertrete.
Z: Unser wichtigster Guru ist derjenige, der uns am meisten geholfen hat, zurück zu Sri Krsna zu gehen. Guru bedeutet, dass Sri Krsna durch ihn das Herz eines anderen mit dem Wunsch erweckt hat, ein reiner Gottgeweihter zu werden. Wenn ihr niemanden finden könnt, in dem ihr die transzendentale Linie lebendig anwesend seht, dann müsst ihr selber alle Verantwortung übernehmen. Euer Guru ist immer dort, wo euer Wunsch entfacht wird, ein reiner Diener des Herrn zu werden. Und dieses Feuer darf nie erlöschen. Seid ewiglich auf der Suche nach denen, die diesen Wunsch verstärken können. Nur das ist Sadhu-sanga.
So, ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bedanken, bei all denjenigen, deren liebe Gemeinschaft ich in all diesen Jahren erfahren durfte, denen, von deren Fehlern ich habe lernen dürfen, denen, die mich toleriert haben, denen, die mir ihr Vertrauen schenken und mich immer wieder retten, dadurch dass sie mir erlauben, über Sri Krsna zu sprechen und mich an meine Meister zu erinnern. All denen, die uns so viel Liebe und Freundschaft gegeben haben und all denen, die sich aufgeopfert und uns in den schwierigen Momenten der Suche begleitet haben, und bitte vergebt mir die vielen Vergehen, die ich aufgrund meiner Mängel begangen habe.
Versucht sie so weiterzugeben, wie ihr sie empfangen habt, und dazu müsst ihr sie verstehen.
Euer Diener, Freund und Anwärter auf die Mitgliedschaft in der Rupanuga-Sampradaya